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Moselcamino Tagesetappe 27,6 km
E3: Treis-Karden - Bullay          

Unterwegs mit Sandra auf dem Moselcamino

Aus 1 mach 2

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Etappe 3 von Treis-Karden nach Bullay über Beilstein steht an. Bei genauerer Begutachtung im Vorfeld stellt sich heraus: Die ist nicht nur lang mit knapp 28 Kilometern, sondern es gibt auch einige Höhenmeter mehr zu überwinden, als mir Antibergziege lieb ist. Insgesamt dreimal rauf und wieder runter. Die schwierigste Etappe. Puuh. Es ist Osterferienzeit und da mich auf dem ersten Stück bis zur Burg Beilstein nebst Mann auch die Kinder begleiten möchten, habe ich dadurch eine gute Ausrede (für mich), um Etappe und Höhenmeter auf zwei Tage aufzuteilen. Denn wer braucht schon Muskelkater an Ostern? Damit würde ich hoppeln wie bekannter Osterhase und dem möchte ich doch keine Konkurrenz machen.

Der erste Tag für uns startet deshalb in Treis-Karden und endet nach 15 km in Beilstein.

An einem anderen Tag geht es dann von Beilstein weiter nach Bullay. Das ist sogar noch etwas kürzer, insgesamt knapp 13 km.

Diese Aufteilung würde ich auch allen empfehlen, die ebenfalls nicht 100 prozentig fit sind und nicht untrainiert bis an ihre extremste Belastungsgrenze gehen wollen. ​

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Startpunkt ist Treis

Treis-Karden besteht aus zwei Teilen, die durch eine Brücke über die Mosel miteinander verbunden sind.  Wir starten  auf der Kardener Seite und  überqueren die Mosel nach Treis. Das Wetter präsentiert sich heute düster und grau, es hat in der Nacht geregnet, aber jetzt am frühen Morgen ist es zumindest trocken und ab und zu sieht man tatsächlich auch mal einen Fetzen blauen Himmel. Aber das muss nicht so bleiben.​​

Wie auf jeder Etappe, die ich auf dem Moselcamino laufe, habe ich auch heute wieder ein paar Pilgersteinchen, die sich mit anderen Pilgern auf den Weg nach Santiago machen sollen, eingesteckt, um sie an günstiger Stelle fallen zu lassen, ähnlich einem Osterhasen, der Eier verliert. Auch heute zeigen uns die Muschelmarkierungen  zuverlässig den Weg durch Treis.

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Im Ortskern  gelangen wir an auf den österlich geschmückten Marktplatz mit Brunnen, wo die Primeln blühen und die Hasen sich vor Freude überschlagen! Hier hat der Osterhase höchstpersönlich seinen geschätzten Pfotenabdruck hinterlassen – wahrscheinlich auf der Suche nach einem perfekten Versteck für seine Schätze. 

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Erster Anstieg

Nach den letzten, sehr hübsch gemauerten Häusern geht es bergauf in den Wald die erste Erhebung hinauf: auf den Beurenkern. Ein langezogener Bergrücken, der sich über fünf Kilometer erstreckt. Von den Niederschlägen der Nacht ist der Weg, der nach dem Asphaltsträßchen kommt, teilweise etwas matschig. Dann biegen wir einmal rechts ab und schwupps geht es schon hinein ins Flaumbachtal, durch das ein Rinnsal fließt: der Flaumbach. "Warum heißt dieser Bach Flaumbach?", fragt meine Tochter. Die gesuchte und gefundene Antwort dazu lautet: Der Name  leitet sich von dem lateinischen Wort "flumen", für Fluss, her. Insofern  bedeutet er quasi "Bach-Bach" oder "Fluss-Bach", wobei ich besonders zweite Bezeichnung  absolut übertrieben finde. Unter Fluss stelle ich mir was anderes vor. Mal abgesehen von  der fehlenden Fantasie der damaligen Namensgeber.

Damalige Wegbeschreibung: Dann kommt ihr an einen Bach. Überquert den Bach Bach-Bach und folgt weiter dem Weg bis ihr an einen Flußbach namens Mosel kommt ...

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Eine Pause am Kloster Engelport drängt sich auf

Schon von weitem sehen wir am Ende des Tales, nach insgesamt 8,5 km, das Kloster Maria Engelport. Es wird von katholischen Schwestern geführt, inklusive seiner Gänse, Hühnchen und Truthähnchen, die sich auf den umliegenden sattgrünen Wiesen tummeln. Zeit für eine ausgiebige Stärkung auf einer vorhandenen Bank. Nein, natürlich essen wir nichts von der aufgezählten Vogelschar. Jedenfalls nicht heute.

Danach schauen wir uns die Klosterkirche an, wo ich einen Pilgerstempel finde und an selbiger einen Pilgerstein für eventuell nachfolgende Pilger, hinterlasse.​

Es gibt die Möglichkeit zu übernachten für Pilger und andere Gäste, aber da dies für uns nicht in Frage kommt, weiß ich leider auch nicht, ob es einen Pilgerrabatt gibt, denn die auf der Webseite angegebenen Preise  sind für Pilgerstandards leider recht teuer. Vielleicht kann man aber etwas aushandeln.

Von hieraus sind es noch 6,5 Kilometer bis zum Tagesziel: Beilstein.

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Stürmische Gegend

Nach dem Kloster nehmen wir den zweiten Anstieg in Angriff. Auf der Höhe angekommen, verändert sich das Bild für uns Betrachter an diesem Tag.  Ich bin weder Wetter- noch Geologieexpertin, aber ich würde vermuten, dass es sich hier um eine relativ exponierte, windanfällige Lage handelt. Ein Großteil der Bepflanzung scheint kürzlich einem wütenden Sturm zum Opfer gefallen ist. Die Spuren sind noch nicht beseitigt, es liegt sehr viel Windbruch herum. Vom fetten Baumstamm bis zum kleinsten, nicht mal fingerdicken Stöckchen, lässt sich alles finden. Wir müssen mehrmals unter tief gebogenen dicken Ästen hindurchkriechen oder über Stämme hinwegklettern, um den Weg fortzusetzen. Ich gehe davon aus, das dies kein Normalzustand ist und bevor die Saison in einigen Wochen losgeht, sicher nochmal ein bisschen nachgebessert und aufgeräumt wird, was der Winter an Störfaktoren für den Wanderer hinterlassen hat.

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Blick auf die Moselschleife mit Ellenz-Poltersdorf

Kurz vor dem Tagesziel findet der Moselcamino, der heute weitesgehend durch Wald geführt hat, zurück an den Fluss, den er seinem Namen verdankt. Uns öffnet sich dieser fantastische Blick auf das gegenüberliegende Ufer und eines seiner vielen Winzerörtchen: Dieses hier heißt Ellenz-Poltersdorf. Mit mehr Fantasie als die Römer bei der Namensgebung des Flaumbaches hatten, könnte man an dieser Stelle behaupten, dass die Aussicht so schön ist, dass  sie selbst die Mosel zu einem sehr breiten Lächeln verleitet, wie ein glücklicher Riesensmiley.

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Andere Richtung: Beilstein mit seiner Burgruine Metternich

Nach einem weiteren Schlenker des Weges können wir sie sehen. Die imposante Burgruine Metternich thront sechzig Meter hoch auf einem Bergsporn, eine weitere von vielen alten Burgen oder zumindest deren Reste, die man an der Mosel finden kann. Insgesamt gibt es ungefähr 25.000 Burgen in Deutschland, so viele wie nirgendwo sonst in Europa, was mich einigermaßen überrascht hat, denn ich dachte bislang, dass die Engländer und auch die Franzosen uns burgentechnisch den Rang abgelaufen hätten. Jedenfalls ist die Dichte an Rhein und Mosel aufgrund ihrer früheren strategisch günstigen Lage als Handelsroute besonders hoch.

Zu Füßen der Ruine liegt demütig der Winzerort Beilstein, ein wahres Kleinod mit seinen verwinkelten Gassen und gut erhaltenen Fachwerkhäusern, umrahmt von Weinbergen. Beilstein - in dessen Winzerschenken der Wein sprudelt und dessen alte knorrige Reben mehr Geschichten erzählen könnten von längst vergangenen und vergessenen Zeiten, als meine faltigen Nachbarn beim Würstchengrillen. Und die erzählen schon 'ne Menge!

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Mein Tipp

Ein Besuch in der Klapperburg lohnt sich! Das Café liegt ein bisschen versteckt in der Bachstraße, aber es punktet mit leckerem Kuchen und einem sehr gemütlichen Ambiente. Die Betreiber des Cafés haben eine Leidenschaft für das Sammeln von alten Kaffeekannen entwickelt. Die Regale im des Gastraumes sind gefüllt mit verschiedensten dieser Behältnisse in allen Farben und Formen.

Warum dieser Betrieb Klapperburg heißt, weiß ich nicht, aber ich habe die Vermutung, dass es mit dem lauten Klappern von Kuchengabeln zusammenhängen könnte. 

Übernachten kann man dort übrigens auch.​​​

Zweiter Teil der Königsetappe von Beilstein nach Bullay

Ein paar Tage später fahren mein Mann und ich zurück dorthin, um die dritte Etappe des Moselcaminos zu beenden, schlappe 13 km und ein großer Hügel liegen zwischen Beilstein, Bullay und uns. Wir sind unterwegs an einen kalten Morgen, während der Frühnebel sich langsam aus dem Moseltal lichtet, aber der blaue Himmel darüber bereits auf einen wunderschön sonnigen Tag hoffen lässt.

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Der erste und letzte Anstieg des Tages

Wir starten  im noch ruhenden Ortskern von Beilstein, finden die Klostertreppe, die zu dem Karmeliterkloster  und seiner barocken Klosterkirche hinaufführt, und folgen den Stufen. Vor der Pforte hinterlasse ich mal zum Tagesstart einen Pilgerstein. Wir sind noch ganz allein hier, was sowohl Uhr-, als auch Jahreszeit geschuldet ist. Die Touristenhauptsaison beginnt  erst in ein paar Wochen, wenn es wärmer wird und man draußen ohne zu frieren sitzen kann. Dann schieben sich gerne mal zu viele Besucher gleichzeitig durch die engen Gassen des hübschen Örtchens, um dieses sowie die Aussicht von der Burg Metternich auf die Mosel zu bestaunen und sich anschließend von den Strapazen des Ausfluges vor Ort zu erholen. Natürlich tragen des Abends  ein, zwei, drei Schoppen des lieblichen Moselweins maßgeblich zur Steigerung des Wohlbefindens bei, bis das Fass leer und der Gast, nun..., äh..., voll... ist.

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Wir verlassen Beilstein und folgen dem Weg bergauf auf den nächsten Bergrücken. Bereits nach kurzer Zeit verschlucken die Bäume die Sicht auf die Mosel, die nun in unserem Rücken liegen müsste. Genau wie auf dem vorherigen Abschnitt geht es heute einen großen Teil der Strecke wieder durch Wald. Nach einer Weile erreichen wir den höchsten Punkt des Tages und verlassen bald darauf den Wald, streifen das Örtchen Grenderich und es öffnet sich der Blick auf eine saftig grüne Wiesenlandschaft. Wir kommen  an einem kleinen Kappellchen vorbei, dem Lindenhäuschen, an dem wir eine kurze Rast einlegen. Wir folgen weiter dem Fahrweg, kommen an einer Panoramahütte vorbei und werden dann wieder vom Wald verschluckt. Ich lasse immer mal wieder einen Pilgerstein liegen. Eine gute Stunde später sind wir schon in Bullay, einer Gemeinde an der Mittelmosel mit Bahnanbindung, zentral gelegen zwischen Hunsrück und Eifel.

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Dort lassen wir unseren heutigen Tag gemütlich bei einen guten Tee ausklingen.  Die 13 Tageskilometer waren landschaftlich ziemlich unspektakulär und auch kurz. Wir fahren im Anschluss mit der Bahn zurück. Unser nächste Etappe mit dem Ziel Enkirch  muss leider noch länger auf uns warten, denn bei diesem Moselbesuch fehlt die Zeit dazu und wir müssen zurück nach Hause. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben!

Mein Tipp

Wer etwas in Zeitnot ist und die recht fordernde Etappe 3 nicht, wie von mir beschrieben, auf zwei Lauftage aufteilen möchte, der kann das letzte Stück von Beilstein nach Bullay auch "schlabbern". Soll heißen die Füße schonen, und stattdessen von Beilstein ein Schiff nehmen, dass einen mit bereits qualmenden Socken ganz gemütlich in 1,5 Stunden über die Mosel schippert und dabei noch ein paar herrliche Ausblicke anbietet auf die besonders schöne Bremmer Moselschleife und den steilen Calmont, neben einem Gläschen Wein.  

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