

Camino Fisterra Tagesetappe 21,6 km
E2: Ventosa - A Pena
Unterwegs mit Sandra auf dem Camino a Fisterra
Auch an Tag 2 vermittelt Galicien mir eine Atmosphäre als wäre die Zeit seit einigen Hundert Jahren stehengeblieben. Dazu trägt maßgeblich die Ponte Maceira bei, eine alte steinerne Brücke über den Rio Tambre. Zunächst jedoch werde ich von der Sonne wachgeküsst. Naja, nicht ganz, ich bin bereits ne Weile wach, als sie mich endlich küsst - auf dem Jakobsweg ist Ausschlafen ja bekanntlich keine Option. Der frühe Pilger fängt den Rucksack auf dem Rücken und marschiert los.



Fast wie im Mittelalter
Ziemlich zu Beginn des Tages zeigt sich zunächst eine niedliche, alte Ministeinbrücke mit einem Bogen, die Ponte Romano de Augapesada, die man aber nicht mal überqueren muss. Ich denke, sie wurde zu Zeiten gebaut, als die Wegführung nach Fisterra noch anders verlief als heute; das Bächlein darunter sich unüberwindlicher präsentierte. Aber ein hübsches Fotomotiv gibt sie trotzdem ab.Danach geht es zum ersten Mal richtig aufwärts auf einem teilweise steilen Waldweg und erreiche auf der Höhe ein Sträßchen. In ländlicher Umgebung bewege ich mich hauptsächlich durch Eukalyptuswälder, durch deren noch schlanke Stämme die Sonne hindurchbricht. Ich frage mich, ob die Spanier nicht mal darüber nachgedacht haben, als sie die Eukalyptuswälder aufgeforstet haben, nebst den Bäumen auch ein paar australische Koalas ansiedeln zu wollen, die dann gemütlich in den Ästen sitzend davon futtern würden, während die Pilger unter ihnen vorbeiwandeln. Aber das geht natürlich nicht. Die Koalas brauchen ja noch viel mehr ungestörten Schlaf und Ruhe als ich. 22 Stunden am Tag. Und auch sonst sind sie eine sehr empfindliche und natürlich in Australien endemische Spezies mit ganz speziellen Lebensraumbedingungen, die man nicht einfach irgendwo zum Spaß aussetzen kann. Spanische Koalas! Mit solchen Ideen mache ich mir bestimmt überall Freunde! Ich mag den Gedanken der grunzenden Koalas über mir trotzdem.




Über sieben Bögen musst du gehen
Nach ein, zwei Weilern wartet eine weitere, diesmal monumentale Steinbrücke mit sage und schreibe sieben Bögen darauf überquert zu werden. Die Ponte Maceira vermitteln den Eindruck, als sei die Zeit stehen geblieben. Darüber wann sie genau erbaut wurde streiten sich die Geister, zwischen 12. und 14. Jahrhundert ist alles dabei. Jedenfalls war sie so wichtig, dass man gleich die paar versprengten Häuser drumherum ebenfalls nach der Brücke benannt hat: Ponte Maceira. Heute gehört sie zum kulturellen Erbe Galiciens und wird nur noch von Fußgängern zur Überquerung des Tambres benutzt - und bietet dabei großartige Ausblicke auf das Tambre-Tal. Die Brücke scheint deshalb auch ein beliebter Ort für Touristen zu sein, denn just in dem Moment, wo ich sie erblicke, erblicke ich noch etwas mehr als nur diese Idylle. Zwei vor mir an der Seite geparkte Busse öffnen ihre Tore und Menschen verschiedener Generationen quellen im Sekundentakt aus ihrem Inneren und unvermeidlich auf die Brücke, die sie natürlich für längere Zeit in Beschlag nehmen. Bis alle wieder heil verstaut im Bus sitzen, dauert es mindestens eine halbe Stunde. Genau, die warte ich ab, denn dummerweise hege ich den Wunsch Fotos von einer menschenleeren Brücke machen zu wollen. Ich habe ja Zeit. Nicht immer Geduld für diese Art von Intermezzo, aber Zeit.



Später erreiche ich Negreira, den größten Ort auf dem Weg zur Küste, durchaus charmant. Ich fülle hier meine Energiereserven durch einen Besuch des Supermarktes mit anschließendem Verzehr des Kaufs wieder auf. Viele Leute beenden in Negreira ihren ersten Tag ab Santiago, aber da ich ja schon gestern in Ventosa halt gemacht habe, ziehe ich heute noch etwas weiter. Ich verlasse das Städtchen durch einen alten Torbogen.



Übernachtung
Der Rest des Tages ist nicht spektakulär, etwa neun Kilometer hinter Negreira stoppe ich in A Pena, in der Albergue Rectoral werde ich ruhen. Die gehört zu San Mamede und San Mamede hat zumindest eine Kirche, wenn auch sonst nicht allzuviel Leben drumherum erkennbar ist. Zu meiner Freude treffe ich hier auf weitere Pilger und zwar eine ganze Menge, die pünktlich zum gemeinschaftlichen Abendessen um 19.00 Uhr aus allen Ecken zusammenlaufen. Die meisten sind heute in Santiago gestartet. Der Abend klingt aus mit Geschichten, Gelächter und Gesang. Ich vergleiche es nicht mit meinen Erfahrungen aus dem letzten Jahr, aber ich genieße auch diese Zeit.

Mein Tipp
Nicht nur der Sonnenuntergang am Leuchtturm in Fisterra, sondern auch der am Flusstal des Tambre bei Ponte Maceira soll sehr schön sein. Also, wenn sich die Gelegenheit ergibt - wahrnehmen!