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Pilgern unter einem Hut - Unterwegs mit Sandra

Bayerisch Schwäbischer Jakobsweg 

Etappe 5:  Kloster Holzen - Biberbach 14,4 km

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Freitag 10. Juli 2020  

 Spanische Verhältnisse

Wettervorhersage: hochsommerliche 32 Grad

Tagebucheintrag während des Frühstücks:

Das Kloster Holzen ist toll. Eigentlich gäbe es hier ein fantastisches Frühstücksbuffet, aber wegen Corona fällt das natürlich aus. Trotzdem ist das, was sie auf das Tablett zaubern aller Ehren wert: frisch, gesund, regional, biologisch und lecker. Vor dem heutigen Tag habe ich gehörigen Respekt, um nicht zu sagen Angst.Meine Oberarme sind aufgerieben und dazu habe ich on top noch ein paar herrliche Mückenstiche, kombiniert mit einem leichten Sonnenbrand. Das wird wahrscheinlich mit Schweiß zusammen höllisch werden. Jeden Tag denke ich eigentlich müsste es mir doch leichter fallen zu gehen. Und jeden Tag gibt es wieder eine neue Herausforderung…)

Beim Auschecken entdecke ich an der Rezeption zwei Pilgerrucksäcke.

Die Rezeptionistin lächelt auf meine Nachfrage hin und verrät mir, dass die beiden Besitzer sich heute wohl auch Richtung Süden aufmachen wollen. Prima, denke ich, da werden wir uns dann unterwegs, spätestens aber am Abend in meiner pilgerfreundlichen Unterkunft in Biberbach über den Weg laufen. Voller Energie verlasse ich diesen wunderschönen Ort und wende dem Kloster den Rücken zu. Allerdings nicht ohne nochmal einen Blick zurück zu werfen.

Der Gasthoff Magg ist heute mein Ziel. Die Sonne brennt schon wieder auf den Planeten und ich freue mich zum wiederholten Male über meinen Anglerhut und mein praktisches Trinkschlauchsystem. Alsbald schon läuft mir die Suppe wieder den Rücken runter. Trinken, Schwitzen, Trinken, Schwitzen.

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Gluthitze im Inland

Ich glaube so ganz langsam kann ich ermessen, wie es sich anfühlt bis zu 30 km an glühenden Sommertagen durch die spanische, schattenlose Pampa zu laufen.

 

Selbst die Szene der im Schatten eines einzelnen Baumes darbenden gefleckten Pferde, könnte in meiner Vorstellung auch in Spanien so existieren. Da hatte ich ihn endlich ja doch wie gewünscht, meinen Camino Frances.

Nach den ersten 5 km habe ich ein erstes schönes schattiges Plätzchen gefunden bei dem ich mich mal wieder verarzte. Zum wiederholten Male versuche ich bei der Gelegenheit auch die Träger so einzustellen, dass sie mir nicht in meine Winkearme schneiden, bzw. daran reiben. Ich bin eigentlich megahappy mit dem Tragekomfort meines Rucksacks, der mir die befürchteten Rückenschmerzen erspart. Wenn da nur nicht dieses Scheuern wäre.

Kurzes Pilgerintermezzo

Danach geht es in einen schönen                                               lichtdurchfluteten Nadelwald mit schlanken hohen Stämmen.                                                          Ungezieferfrei und angenehm kühl. Es ist still, friedlich und riecht gut.                                                               Sehr zum Wohlfühlen. Dieser Genuss währt leider nur kurz.                                                                            Wenig später führt der Weg aus dem Wald heraus. Er verläuft                                                                           zwar weiterhin am Waldesrand, aber liegt nun trotzdem                                                                            in der Sonne. Ich entschließe mich ungefähr bei km 9 auf                                                                                 einer aussichtsreich gelegenen Bank zu einer weiteren,                                                                                 längeren Pause. Während ich mich stärke, schaut ein                                                                                  Rucksackträger um die letzte Kurve, Kamera mit                                                                                         Objektiv in der Hand. Ich rufe freundlich „Hallo“. Er                                                                                    auch, dann verschwindet er wieder, genau dahin wo                                                                              er hergekommen ist. Ziemlich wahrscheinlich einer der                                                                             beiden sagenumwobenen Holzener Pilgergestalten.                                                                          Ich warte noch ungefähr 20 Minuten, ob noch etwas                                                                          passiert bei der Kurve, bereit für ein Pilgergespräch, aber                                                                        niemand erscheint. Also gehe ich weiter. Erzwingen kann man                                                                ja nichts.

Kurzes Bretterintermezzo

Ein wenig später führt der schmale Weg in stufigen Serpentinen hinab in das Örtchen Markt. Kurz bevor der Pfad auf die Straße führt, werde ich um ein Haar von einem Arbeiter ausgeknockt, der fünf Meter lange Holzbretter auf seiner Schulter trägt und genau da im Aufstieg begriffen um die Kurve schwankt, wo ich mich gerade im Abstieg befinde. Nach hinten ausweichen mit dem Rucksack kann ich nicht, da hinter mir ein Zaun ist. Den Abhang zu meiner Linken hinunterkugeln möchte ich auch nicht. Also ducke ich mich, so behende ich kann – also eher langsam – und entgehe den umherschwenkenden Brettern nur knapp.

 

Weder entschuldigt sich der Holzschwenker, noch würdigt er meine Akrobatik. Aber ich erwarte mal wieder zu viel. Daraufhin mache ich erstmal eine Rast. Und zwei Kilometer weiter kurz vor Biberbach noch eine.

Weiteres kurzes Pilgerintermezzo

Bei der zweiten Gelegenheit beobachte ich, dass mir zwei rucksackbepackte Frauen entgegenkommen, vielleicht um die Mitte 50, genauso untrainiert und figürlich um die Hüften wohlproportioniert wirkend wie ich. Ich freue mich Gleichgesinnte zu treffen. Sie sind auf dem Weg zum Kloster. Haben also noch 12 km vor sich und schon 12 km hinter sich, denn sie sind irgendwo zwischen Augsburg und Biberbach gestartet. Pilgerhut ab! Bei den Temperaturen! Auf 24 km hätte ich heute überhaupt keinen Bock. Obwohl die Beine und Füße schon viel besser geworden sind.

Oft habe ich diese Woche gedacht: das Universum führt mich erst ganz langsam an den Weg heran und dann testet es mich jeden Tag ein bisschen mehr. Täglich eine abwechslungsreiche neue Herausforderung: Entweder Wind, oder Insekten oder Umwege, oder Sonne, oder Verletzungen. Oder verschiedene Kombinationen davon.

Und für Morgen steht zum vorerst krönenden Abschluss Regen auf dem Programm. Nach Verlauf der letzten zwei Tage würde ich heute sagen: lieber Regen als noch mehr Hitze. Aber morgen sehe ich das wahrscheinlich wieder anders…

Natürlich mache ich mir Sorgen wegen Morgen: 22,8 km. Puh. Regen hin oder her, das ist hart.

Gegen 16.00 Uhr bin ich froh nach meinen heute mageren 14 km in Biberbach anzukommen.

Eigentlich bin ich etwas zu früh dran. Aber ich checke kurz darauf mithilfe der Damen aus der Metzgerei nebenan ein, die über einen Schlüssel für den Gasthof verfügen.

Habe Lust auf ein Stück Kuchen und steuere nach kurzer Erholungspause das nächstgelegene offene Café im Ort an. Glücklicherweise befindet es sich nicht weit weg von der Wallfahrtskirche, der ich sogleich einen Besuch abstatte. Neben dem Stempel im Innern der Kirche finde ich dort auch eine Liste mit Telefonnummern von Menschen, die ihre Gastfreundschaft anbieten, wenn man als Pilger eine Übernachtungsmöglichkeit in Biberbach suchte. Hätte ich das mal vorher gewusst! Es wären sicher gute Gespräche geworden. Aber egal, ich würde ja heute Abend mit den zwei Rucksackträgern Bekanntschaft schließen.

Tue ich dann aber wieder nicht. In meiner Unterkunft tauchen sie nicht auf. Schade.

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Tagebucheintrag beim Abendessen:

 

Ca. 30 Grad waren es, obwohl oft noch ein bisschen Wind ging, sonst wäre ich völlig aufgeschmissen gewesen. Heute habe ich kaum eine Bank ausgelassen. Die Schnecken haben mich überholt, so viele Pausen musste ich machen. Nur die beiden Pilger nicht. Aber wieder angekommen! Füße immer noch blasenfrei, dem Hirschtalg sei Dank!

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